RabenZeit

Auf der Suche nach dem goldenen Zeitalter.

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Einige meiner Gedanken zu Haiti.

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Wo kommen eigentlich die ganze Journalisten her, die für ein gelungenes Motiv fast auf den Verletzten rumkrabbeln? Kommen die über den gleichen, überlasteten Flughafen wie die Rettungskräfte? Wieso ist die Presse scheinbar näher am Geschehen, als die eintreffenden Helfer, die nur schleppend in die Einsatzgebiete kommen? Es wundert mich immer wieder – und trotzdem weiß ich, dass das sein muss. Warum? Weil erst die Medien eine Katastrophe machen. Ohne die erschreckenden Bilder, welche durch die Medien eingefangen werden und damit uns erreichen, würde die internationale Hilfe nicht in der Größe erfolgen und auch das Spendenaufkommen wäre geringer.

Apropos Spendenaufkommen. Mich nervt jetzt schon der Aufruf für Haiti zu spenden. Also mit der Angabe des Verwendungszweckes. Denn das bedeutet, dass das Geld auch nur für Haiti ausgegeben werden darf. Beim Tsunami vor einigen Jahren führte das letztendlich dazu, dass ein Jahr später die Organisationen wie bescheuert nach Projekten gesucht haben, weil noch Geld im Tsunami-Topf war. Geld, dass man sinnvoller woanders hätte ausgeben können, es aber nicht durfte. Daher: Wenn Ihr spendet, dann spendet der Organisation Eures Vertrauens – aber ohne Angabe des Verwendungszwecks. Es wird auf jeden Fall bei Menschen ankommen, die Hilfe nötig haben.

Da bleibe ich gerade beim Thema nötiger Hilfe. Denn es ist wieder schön zu sehen, wie ein Erdbeben ein sonst vergessenes Land und damit sonst vergessene Menschen in den Fokus der Öffentlichkeit bringen können. Und plötzlich sind diese Menschen auch wichtig. Der französische Minsterpräsident hat vorgeschlagen eine Haiti-Konferenz einzuberufen, wie man dieses ärmste Land der Erde aufbauen kann. [Q] Das hat ihn vor dem Erdbeben nicht interessiert – aber jetzt bringt es Sympathiepunkte in der Bevölkerung. Wie ich schon geschrieben habe: Eine Katastrophe entsteht an sich erst durch die entsprechende Medienpräsenz.

Der Kreis schließt sich und wir sind wieder beim Thema „Medien“. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, wie sehr mich gerade BILD nervt mit ihrem „Killer-Erdbeben“. [Q] Kann sich Jemand erinnern, ob wir damals in Indonesien einen „Killer-Tsunami“ hatten oder in Myanmar einen „Killer-Wirbelsturm“? War das große Erdbeben in China eigentlich kein „Killer-Erdbeben“? Aber es klingt ja viel cooler und schlimmer, als wenn man nur von einem normalen, popeligen Erdbeben spricht, oder !?

Äh … da ich gerade Myanmar erwähne. Seit dem Wirbelsturm ist es um dieses Land auch wieder sehr still geworden, oder!? Damals, als viele Helfer die meiste Zeit auf dem Flughafen sitzen mussten, weil sie nicht helfen durften, gab es sogar Stimmen in der deutschen Presse, die über einen Einmarsch nachdachten, um die internationale Hilfe in dem Land durchzusetzen. Und heute interessiert Niemand mehr, dass das Land noch immer von den gleichen Leuten diktatorisch und menschenverachtend beherrscht wird. Und ich glaube nicht, dass das bei Haiti anders sein wird. Vielleicht wird nach der Katastrophe ein Aufbau durch Projekte stattfinden (was dem Land zu wünschen wäre), aber in spätestens zwei Jahren wird Haiti wieder vergessen sein …

Oder was meint Ihr?

Nach Nargis nichts Neues.

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Ein Jahr und zwei Tage ist es her, als ich das erste Mal das Land Burma (oder Birma oder Myanmar) unter dem Titel „Hilfe für Myanmar !?“ in meinem Blog erwähnte. Damals hatte der Wirbelsturm „Nargis“  Verwüstungen angerichtet, die groß genug waren, um die Medien und damit die Welt auf das Land aufmerksam zu machen. Aus aller Welt versuchte man zu helfen, auch aus Deutschland, wo auch ich für eine deutsche Katastrophenschutzorganisation auf gepackten Koffern saß. Doch das Regime des Landes ließ nur begrenzt Hilfe zu und die Welt regte sich über die Machthaber auf – die BILD sprach schon von der Option einer Militäraktion in Myanmar.

2009-05-11-burma01

Ein Jahr später sind dieselben Machthaber noch immer die unangefochteten Herrscher über das Land – aber Niemand spricht mehr drüber. Die Medien haben das Interesse verloren und damit erlischt auch das öffentliche Interesse. Während die „Burmariders“ vor einem Jahr durch die Talkshows gereicht wurden nimmt nur selten noch Jemand von ihnen Notiz. Auch durch Erdbeben, das wenige Zeit später das Medieninteresse nach China lenkte, nahm die Welt immer weniger Notiz von Birma,.

Das Land versinkt wieder in die Tiefen der öffentlichen Unwissenheit, bis die nächste Katastrophe oder ein Mangel an sonstigen Nachrichten Burma wieder zum Inhalt der Massenmedien macht. Derweil kann die Militärjunta weiterhin in Seelenruhe ihren Krieg gegen das eigene Volk führen.

Weiterführende Informationen: Nach Nargis ist vor dem Völkermord | Frösche statt Reisessen | Nargis – Das Trauma bleibt | Burma-Opfer haben noch immer kaum Nahrung | Noch immer herrscht Not im Irrawaddy-Delta in Burma | Die doppelte Katastrophe von Burma

Written by Rabe

11. Mai 2009 at 23:13

Gedanken zu den Morgennachrichten.

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An jedem Morgen eines Arbeitstages läuft bei mir das Frühstücksfernsehen bzw. Morgenmagazin. Man kann sicher trefflich darüber streiten, ob das mit den Nachrichten zu einem guten oder schlechten Start in den Tag verhilft. Unbestritten ist aber sicherlich die Tatsache, dass man viele Ideen für einen Blogeintrag erhält. Man mag sich jetzt fragen, warum dies aber dann mein erster Blogeintrag mit diesem Bezug ist – und ich kann es ganz einfach auf die morgendliche Müdigkeit abwälzen. Wenn man noch einem Zombie gleich durch die Wohnung schlurft ist es mir meist unmöglich alle Ideen bis zum Computer zu behalten. Heute aber habe ich zumindest einige Nachrichten und Eindrücke bis hier hin retten können:

Die Wahl des Bundespräsidenten – bzw. einer Bundespräsidentin. Scheinbar wird heute Gesine Schwan von der SPD gegen den amtierenden Bundespräsidenten Horst Köhler aufgestellt. Da sie nur mit den Stimmen der Grünen eine Chance hat gewählt zu werden folgte ein Interview mit derem Bundesvorsitzenden Bütikofer. Er ließ sich auf keinen Kandidaten festlegen und kündigte an, dass die Entscheidung über die Unterstützung eines der beiden Präsidentschaftskandidaten erst nach der Landtagswahl in Bayern erfolgen wird – unter Beachtung der daraus resultierenden Mehrheitsverhältnisse. Interessante Aussage, die zeigt, dass selbst die doch einst als basisdemokratische Partei mit Idealen angetretenen Grünen nicht danach urteilen, welche Person am besten für das Amt des Bundespräsidenten geeignet ist, sondern nach strategischen, parteipolitischen Gesichtspunkten. Er nannte nur noch einen weiteren Grund, der die Entscheidung beeinflussen könnte: Schon lange würden die Grünen ja eine Frau im höchsten Amt des Staates sehen. Da frage ich mich, ob das Geschlecht mehr über die Eignung einer Person aussagt, als die Fähigkeiten. Aber es ist wohl blauäugig zu glauben, dass politische Ämter nach Fähigkeiten vergeben würden.

Es ist 7.00 Uhr und es gibt die eigentliche Nachrichtensendung. Ich bin gespannt auf neue Nachrichten aus den Katastrophengebieten in Myanmar und China, wie auch darauf, was sonst so in der Welt passiert. Ich höre vom Wahlkampf um Horst und Gesine, vom Ausgang der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein (für mich als Rheinland-Pfälzer nur bedingt von Interesse) und von der Siemens-Schmiergeld-Affäre. Auch der Brand einer Lagerhalle in Ulm (Nein, es gab keine Toten und Verletzten) war eine Meldung und damit Sendezeit wert. Aber keine Zeile über die Vorkommnisse außerhalb Deutschlands. Ich bin verwundert und frage mich, ob ein Freund von mir recht hatte, als er in einem Gespräch über unsere Medienlandschaft anmerkte, dass wir uns auf us-amerikanische Verhältnisse zubewegen: Es interessiert nur noch, was im eigenen Land passiert. Schlimm, wenn es so ist.

Ist denn heute nichts passiert, was interessant wäre? Nur im Radio hört man von der Landung der US-Raumsonde „Phoenix“, die nach fast zehn Monaten und einer 680 Kilometer langen Reise planmäßig auf dem Mars gelandet ist und die ersten, gestochen scharfen Fotos zur Erde gesendet hat. Fotos, die man übrigens auch auf der Seite der NASA betrachten kann. In Simbabwe hat der Diktator Mugabe seinem Wahlkampf um das Präsidentenamt nach Verhaftungen und Ausschreitungen der Sicherheitskräfte gegen die Opposition mit der Ankündigung zum „Krieg gegen die Ausländer“ eine außenpolitische Dimension gegeben [Q]. Vielleicht erinnern sich einige in diesem Zusammenhang an Ausschreitungen und Enteignungen weißer Bürger von Simbabwe und es wundert sicher auch nicht, dass die Opposition nur aus Agenten des Westens besteht.

Jetzt schaut man morgens schon Nachrichten und das Morgenmagazin auf einem für gute Berichterstattung bekannten öffentlich-rechtlichen Sender und ist dennoch nicht wirklich über die Lage der Welt informiert. Aber ich weiß jetzt von einem Lagerbrand bei Ulm. Wenigstens etwas.

THW-Hilfe kommt an.

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Drei Wochen ist es jetzt her, dass der Wirbelsturm „Nargis“ über die Küste von Myanmar hinweg gefegt ist. Vor (wenn ich mich nicht verzählt habe) elf Tagen ist das Team und das Gerät der SEEWA (Schnelle Einsatz-Einheit Wasser Ausland) der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) in Rangon mit weiteren deutschen Hilfsgütern entladen worden. Gestern Abend endlich wurden die ersten Trinkwasseraufbereitungsanlagen in das betroffene Irradwaddy-Delta, genauer gesagt nach Bogale, verlegt und in Betrieb genommen.

In der bisherigen Zeit in Rangon, in der die Helfer auf Grund der Vorgaben der Militärjunta nicht in das betroffene Gebiet reisen durften, wurden lokale Mitarbeiter der Malteser in die Handhabung der deutschen Trinkwasseraufbereitungsanlagen (TWAA) unterwiesen. Diese sollten dann die Anlagen im Katastrophengebiet betreiben. Auf Grund der öffentlichen auch in Myanmar durch die Medien verbreitete Erklärung der Regierung internationale Hilfe stärker als bisher zuzulassen, wird die TWAA in Bogale nun von deutschen Helfern betrieben. [Q]

Zeitgleich zeigt China, dass es auch anders gehen kann. Die Volksrepublik hat direkt internationale Hilfe angefordert und stellt über ihre staatliche Fluggesellschaft sogar kostenlose Flugkapazitäten zur Verfügung. Es mag bei dieser offensiven Organisation auch nicht wundern, dass das SEEWA-Team, das gestern mit Gerät nach China geflogen ist, dort schon die Einsatzräume mitten im Katastrophengebiet zugewiesen bekommen hat. Ohne große Zeitverzögerung wird dort, unter anderem in der Nähe eines Feldlazaretts des DRK (Deutsches Rotes Kreuz), die Produktion von frischem Trinkwasser beginnen können. [Q]

Da das THW eine deutsche Organisation ist, wird das Wasser dabei den deutschen Vorschriften entsprechen. Ein mitgeführtes Trinkwasserlabor wird dafür das produzierte Wasser ständig auf seine Bestandteile überprüfen. Diese ganzen Arbeiten erfolgen in der Mehrzahl durch die ehrenamtlichen Helfer des Technischen Hilfswerks, die von heute auf morgen ihren Arbeitsplatz und ihre Familie für einige Wochen verlassen haben, um den Menschen in Myanmar zu helfen. Entsprechend erfreulich ist es, die beiden Teams im Einsatz zu sehen.

Fundstück 009: Burmariders.

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Gestern war das Projekt „Burmariders“ bei Stern-TV und berichtete von ihrer Arbeit. Neben dem Interview gab es auch Filmmaterial, in dem einer der deutschen Initiatoren mit den „Free Burma Rangers“ in von den Militärs abgeriegelten Landesteilen unterwegs war. Die „Free Burma Rangers“ besuchen dort die Orte, reden mit den Menschen und sind die einzige medizinische Versorgung, die die Burmesen dort haben. Diese aus Burmesen bestehende Gruppe ist damit auch eine der wenigen humanitären Organisationen, die direkt aus den „vergessenen“ Gebieten des Landes über die Ausrottungspolitik der Militärjunta berichten.

Die „Burmariders“ ist ein deutsches Projekt, das die Öffentlichkeit seit Jahren über die Situation in Burma, das heute von den Machthabern Myanmar genannt wird, informiert und für die Thematik zu sensibilisieren sucht. Dies unter anderem durch einen wirklich gut gemachten und informativen Internetauftritt. Darüber hinaus unterstützt sie mit Spenden die bedrohten Burmesen im Land als auch die Flüchtlinge in den Lagern in Thailand in Zusammenarbeit mit „Helfen ohne Grenzen„. Die Sammlung von Spenden erfolgt unter anderem durch eine virtuelle Fahrradtour, die auf einer Fahrradtour entlang der burmesisch-thailändischen Grenze stattgefunden hat. Das nur als grober Abriss, denn auf der Seite gibt es noch viel mehr zu entdecken:

http://www.burmariders.com/

Written by Rabe

22. Mai 2008 at 07:50

Katastrophe in Myanmar No. 08:

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Am vergangenen Donnerstag sprach die Regierung von Myanmar noch von 34’273 Todesopfern und 27’836 Vermissten. Innerhalb weniger Stunden sind diese offiziellen Zahlen am Sonntag korrigiert worden: Nun spricht die Militärjunta von 77’738 Todesopfern und 55’917 Vermissten. Schätzungen unabhängiger Hilfsorganisationen sprechen derweil von 128’000 Toten und 220’000 Vermissten. Bis zu 2,5 Millionen Menschen sollen insgesamt betroffen sein – und benötigen internationale Hilfe.

Während nach offizieller Bekanntgabe die Schulen am 02. Juni wieder öffnen sollen hält die Anzahl der Flüchtlinge im Land (von den stark betroffenen in die weniger betroffenen Gebiete) an. Die lokalen Machthaber in Labutta haben indessen begonnen diese wieder in ihre Dörfer zurück zu senden – ohne dass deren Versorgung sichergestellt wäre. Zwar hat die Junta am Wochenende einen Ausflug für die internationale Riege der Botschafter organisiert, dabei aber die zu besichtigenden Orte selber festgelegt, so dass man hier im Grunde von einer „Propagandaveranstaltung“ sprechen kann.

Der Stab von „United Nations Disaster Assessment and Coordination“ (UNDAC) haben vorgestern als Teil des Teams von „Association of Southeast Asian Nations“ (ASEAN) einige betroffene Gebiete besucht. Als Beispiel Mawlamyinegyun: Hier existieren indessen 15 von der Regierung organisierte Camps mit Notunterkünften für 6’749 Personen. Die Bevölkerung der Stadt betrug vor der Katastrophe 346’000; laut offizieller Zählung wurden 4’463 Personen getötet, 6’075 sind vermisst und 76’277 haben ihre Häuser verloren. Ich gehe davon aus, dass die Schätzungen höher liegen, denn die Stadt liegt in der Klasse „Priorität 1“ nach der Klassifizierung der UN: mindestens 75 % der Bevölkerung sind betroffen.

Darüber hinaus die Arbeit der UN ist weiterhin stark eingeschränkt. Zum einen haben internationale Mitglieder der UN-Organisationen immer noch keine Erlaubnis in die betroffenen Gebiete zu reisen und zum anderen werden die erforderlichen Kommunikationsmittel immer noch am Zoll zurück gehalten. Jeder Hilfsorganisation wurden meines Wissens nach einige Mobiltelefone mit Karten zugestanden, die diese beim staatlichen Kommunikationsbetrieb käuflich erwerben dürfen. Es dürfte klar sein, dass basierend auf lediglich diesen Kommunikationsmittel und auf Grund der strengen Reglementierung von Internetzugängen die Koordination der Hilfeleistungen schwierig ist.

Unabhängig von den ganzen Einschränkungen, mit denen die Machthaber derzeit die internationale Hilfe behindern, sind im Land viele Freiwillige unterwegs, um den Betroffenen zu helfen. Dabei handelt es sich um einheimische Mitarbeiter ausländischer Hilfsorganisationen oder Myanmarer, die selber in der Katastrophenhilfe aktiv sind, wie zum Beispiel in der „Myanmar Red Cross Society“ (MRCS). Die Ehrenamtlichen dieser Organisation versorgen, unter anderem mit Hilfslieferungen des Roten Kreuzes aus aller Welt, täglich 57’000 Bedürftige in der Katastrophenregion. Sicher nicht ausreichend, aber hier wird durch die Zivilgesellschaft ein wertvoller Anfang gemacht.

Derweil denkt man bei der UN schon über die reine Not- und Soforthilfe hinaus. Durch den Zyklon ist eine der wichtigsten Anbaugebiete des Landes für Reis zerstört worden. Es ist also für Myanmar auch in den nächsten Monaten eine entsprechende Nahrungsmittelknappheit zu erwarten, die internationale Hilfe erforderlich machen wird. Auch das Vieh hat zum großen Teil die Katastrophe nicht überlebt, ebenfalls fehlt Saatgut. Der Wiederaufbau, der in den nächsten Monaten ansteht, wird meines Erachtens nicht ohne internationale Hilfe realisierbar sein.

Quelle: UN-OCHA Situation Report Myanmar – Cyclone Nargis (No. 14) > PDF-Datei.

Written by Rabe

19. Mai 2008 at 17:10

Deutsche Hilfe in Myanmar.

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Gestern ist das Gerät der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk in Myanmar angekommen und wurde, wie auf dem Bild zu sehen, in Rangun aus dem Flugzeug entladen. Aktuell scheint man noch, in engem Kontakt mit der UN und den anderen Hilfsorganisationen vor Ort, die Optionen und Möglichkeiten für einen Einsatz in der Krisenregion abzustimmen. Eine Übergabe der Trinkwasseraufbereitungsanlagen ist ganz sicher nicht vorgesehen, denn für die ordnungsgemäße Bedienung dieser Geräte braucht man Spezialisten und auch die THW-Experten sind für diese Aufgabe in entsprechenden Lehrgängen ausgebildet worden. Auch kann ein sinnvoller Einsatz der Maschinen nur im Katastrophengebiet, in räumlicher Nähe zu den versorgenden Menschen selbst, erfolgen. Von den siebzehn Leuten des THW sind übrigens zwei als Logistiker dem WFP (World Food Programm) zugeteilt. [Q]

Das Flugzeug, eine gecharterte Illjuschin 76, hatte neben dem Gerät des Technischen Hilfswerks, unter anderem sechs Trinkwasseraufbereitungsanlagen, auch Material der Johanniter-Unfall-Hilfe und des Malteser-Hilfsdienstes an Bord. Mit dem Team des THW, die schon am 13. Mai aufgebrochen waren, flog auch Botschafter von Alvensleben, der vom Bundesaußenminister Steinmeier als Sondergesandter für Humanitäre Hilfe nach Myanmar entsandt wurde. Dort soll er gemeinsam mit den Hilfsorganisationen dafür zu sorgen, dass die deutsche Hilfe schnell in die Katastrophengebiete gelangt. Steinmeier: „Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe wird noch viel mehr Hilfe benötigt. Deutschland ist dazu bereit.“ [Q] Die Frage, ob man uns lässt, ist aber leider noch offen.

Derweil läuft die Hilfe aus Deutschland für die Katastrophenopfer in Myanmar weiter: ein zweiter Flug des DRK (Deutsches Rotes Kreuz) ist indessen via Kalkutta nach Rangun unterwegs. An Bord sechs TWAs (Trinkwasseraufbereitungsanlagen), die in Myanmar vom myanmar’schen Roten Kreuz betrieben werden sollen – unter Aufsicht eines schon vor Ort befindlichen Mitarbeiters aus Deutschland [Q]. Mit deutscher Unterstützung sind auch Malteser International, die Deutsche Welthungerhilfe, Ärzte ohne Grenzen, ADRA, humedica und World Vision in Myanmar aktiv.

Die Bundesregierung unterstützt, unter anderem auch die Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen, aktuell mit 4 Millionen Euro. Geld, das meiner Ansicht nach auch bei den Betroffenen ankommen wird. Viele Deutsche haben ja Angst davor zu spenden, da sie befürchten das Geld könnte der Junta in Myanmar zugute kommen und diese würde sich daran bereichern. Doch man spendet ja auf kein Konto der Militärregierung, sondern auf Konten bekannter Hilfsorganisationen, wie zum Beispiel die oben genannten – und diese bringen Hilfsgüter ins Land und arbeiten vor Ort mit ihnen schon bekannten Organisationen zusammen. Ich für meinen Teil habe wenig Sorge, dass die Hilfe nicht auch bei den Bedürftigen ankommt – wenn auch leider aktuell nicht schnell genug und nicht in ausreichender Menge. Aber jede Schüssel Reis und jede Flasche Wasser mehr im Katastrophengebiet kann schon Leben retten.

Aktuelle Lage in Myanmar.

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Während das Team der SEEWA (Schnelle EinsatzEinheit Trinkwasseraufbereitung Ausland) der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk indessen in Myanmar eingetroffen ist und in Rangon die Ankunft und Übernahme der Trinkwasseraufbereitungsanlagen vorbereitet [Q], hat das WFP (World Food Programm) mit der Lieferung von Hilfsgüter, in erster Linie „High Energy Biscuits“ (HEB) und Reis, in die am schlimmsten betroffenen Regionen des Landes begonnen. Trotz der aktuellen Monsunzeit und der schlimmen Wettervorhersagen für die nächsten Tage werden von heute an genug Nahrungsmittel in das Irrawaddy-Delta entsandt, um 74’000 Menschen mit einer Erstration zu versorgen.

Problematisch ist noch der Transport der Nahrungsmittel in die Katastrophengebiete: Schwere Lastwagen können auf Grund der teilzerstörten Brücken und aufgeweichten Strassen nur unter schwierigen Bedingungen fahren, so dass das WFP derzeit bemüht ist eine Flotte von kleinen und leichteren LKWs aufzubauen (ergo: Fahrzeuge und Fahrer anzumieten). Daher prüft man derzeit die Einrichtung eines schwimmenden Depots, von dem aus die Versorgung mit kleinen Booten erfolgen soll. Doch auch hier ergeben sich Probleme: 90 % der kleinen Boote sind durch den Zyklon zerstört worden.

Eine Versorgung auf dem Luftweg ist die einzige Möglichkeit abgeschiedene Gebiete zu erreichen, doch stehen noch zu wenige Hubschrauber zur Verfügung, die auch in der Lage sein müssen trotz der schlechten Wetterverhältnisse zu fliegen. Das Drehkreuz für alle Hilfslieferungen ist natürlich der internationale Flughafen von Rangon, obwohl die Kapazität durch die aktuelle Anzahl von Flügen schon an ihrer Grenze ist. Zudem sind Geräte und Maschinen zum Entladen der Flugzeuge knapp oder nicht brauchbar. [Q]

Dass das Wetter die Hilfeleistungen behindert bestätigt eine heute von der UNO herausgegebenen Wetterwarnung: Durch die sintflutartigen Monsunregenfälle scheint die Möglichkeit der Entstehung eines neuen Wirbelsturms zu wachsen. [Q] Der Zyklon könnte sich nordwestlich des Fluss-Deltas bilden, wie UN-Sprecherin Amanda Pitt mitteilte – aber in den nächsten vierundzwanzig Stunden werden wir wohl mehr wissen. Wenn sich dieser Sturm aber bilden sollte, befürchtet man bei der UN eine „zweite Todeswelle“. Wenig verwundert es eigentlich, dass das staatliche Fernsehen von Myanmar bisher keine entsprechenden Meldungen verbreitet hat. [Q]

Im OCHA Situation Report No. 9 (hier) ist zu lesen, dass die offizielle Verlustzählung von 31’938 Toten und 29’770 Vermissten spricht. Nicht offizielle Schätzungen liegen deutlich höher. Während nach Regierungsangaben 975’858 Personen in den acht am stärksten betroffenen Gemeinden Hilfe benötigen sind gehen Schätzungen aktuell von 1,5 Millionen Menschen aus, die dringend mit Nahrungsmitteln, Unterkünften, medizinischen Vorräten und Trinkwasser versorgt werden müssen. Mit Hilfsflügen kommen immer mehr Hilfsmittel in das Land und eine wachsende Anzahl von Betroffenen erreicht man, aber die Anzahl der Hilfsgüter liegt noch unter dem Bedarf.

Am Schluß noch die Empfehlung für weitere Informationen heute um 22.45 Uhr im ZDF das „Auslandsjournal“ zu sehen, dass sich mit dem Thema Myanmar beschäftigen wird, zu sehen. [Q] Ich hoffe auf eine objektive und informative Berichterstattung ;) Die aktuellen Informationen findet man aber auch weiterhin direkt an der Quelle: Bei Reliefweb, dem Informationsportal der „Humanitarian Relief Community“ (natürlich in Englisch).

Written by Rabe

14. Mai 2008 at 13:30

Deutsche Hilfe für Myanmar unterwegs.

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Der deutsche Beitrag zu den Hilfeleistungen in Myanmar ist angelaufen. Der Einsatz der Trinkwasserspezialisten der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, die meisten von ihnen ehrenamtliche Helfer, hat begonnen: sie sind gestern abend gestartet, wie es auf der THW-Seite nachzulesen ist. Ein Einsatz, der mit aktuell 600’000 € vom Auswärtigen Amt finanziert wird [Quelle]. Gelder, die über die Männer und Frauen, die vor Ort mit ihren Trinkwasseraufbereitungsanlagen praktische Hilfe leisten werden, direkt den Opfern bzw. Leidtragenden zu Gute kommen. Wollen wir hoffen, dass auch weitere Hilfe möglich sein wird.

Wer wissen will, wie die aktuelle Lage vor Ort ist, der findet im Netz hier die aktuellen Situations-Report von OCHA und von MapAction gibt es hier aktuelle Karten des Katastrophen-Gebietes.

Written by Rabe

13. Mai 2008 at 15:10

Militäraktion in Myanmar !?

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„Muss die NATO den Tyrannen vertreiben?“ titelt die BILD. Nachdem die militärischen Operationen in Afghanistan und im Irak ja durch die Einführung demokratischer Strukturen und besseren Lebensverhältnissen für die Gesamtbevölkerung als großer Erfolg zu werten sind, ist diese Forderung doch nur logisch und gerechtfertigt, oder !? [Achtung: Ironie] Wenn man so eine Überschrift liest und sich dann noch vor Augen führt, dass die BILD-Zeitung (ob man es jetzt wahrhaben will oder nicht) die öffentliche Meinung in Deutschland stark prägt, kann man nur mit der Erkenntnis heraus gehen, dass es immer noch Leute gibt, die den Zaunpfahl noch nicht gespürt und das Läuten der Glocken noch nicht gehört haben.

Um der Aussage, dass die UNO die Regierung von Birma zwingen können ausländische Helfer ins Land zu lassen, mehr Gewicht zu verleihen wird Jochen Frowein, Professor vom Max-Planck-Institut für ausländisches Recht und Völkerrecht, bemüht: „Der UN-Sicherheitsrat könnte eine Resolution beschließen, in der die birmanische Regierung verpflichtet wird, zum Schutz der eigenen Bevölkerung vor einer humanitären Katastrophe Helfer aus dem Ausland ins Land zu lassen.“ Dass der Sicherheitsrat eine solche Resolution auf Grundlage der UN-Charta beschließen könnte ist ja ganz nett, aber doch schon auf Grund der guten Beziehungen zwischen China und Birma unwahrscheinlich. Aber selbst wenn: Die Regierung von Birma muss sich doch nicht dran halten – und im Endeffekt könnte es nur durch eine Militäraktion durchgesetzt werden.

Spätestens dann wäre die Weltgemeinschaft in einem Dilemma. Wenn die UN-Mitgliedsländer nicht bereit sind die Resolution militärisch durch zu setzten wird die UNO wieder als „zahnlos“ ausgelacht (dabei ist es nicht die UNO, sondern die Mitgliedsländer, die die Entscheidung im Endeffekt treffen). Aber eine Militäraktion gegen ein Land, in dem die Volksrepublik China Militärbasen unterhält und das von ihr mit Waffen beliefert wird, wäre sicher nicht unbedingt sinnvoll, wenn man nicht eine Ausweitung des Konfliktes auf den ganzen asiatischen Kontinent riskieren möchte. Da auch einige weitere Nachbarländer gute Kontakte zu Birma haben oder zumindest nicht das Riesenreich China provozieren möchten (meines Erachtens durchaus verständlich), würde diese Militäraktion an Amerika und Europa hängen bleiben – was deren Ruf in der früher sogenannten 3. Welt sicher nicht bessert, da man sich wieder einmal in die inneren Belange von souveränen Staaten einmischt.

Auch wenn das jetzt Niemand hören will: Es handelt sich hier um einen souveränen Staat. Natürlich sollte man nicht tolerieren, dass statt einer Demokratie dort ein Militärregime alle staatliche Macht inne hat. Natürlich kann man nicht hinnehmen, wenn dort die Menschenrechte missachtet werden. Natürlich sollte man für eine Änderung dieser Verhältnisse kämpfen. Aber ich möchte einfach bezweifeln, ob Waffengewalt immer die richtige Lösung ist, wenn ein Land nicht unserem Wertesystem entspricht. Wäre eine militärische Lösung das Wahre bei Ländern, die keine demokratische Regierung haben bzw. die Menschenrechte verletzen, dann müssten wir nicht nur in Birma, sondern auch in den Sudan, in Nordkorea, in Kuba, in den Iran und auch in China einmarschieren. Wer will das? Ich eigentlich nicht.

Meines Erachtens nach wird es zu keiner Militäraktion kommen – und wer nur etwas drüber nachdenkt wird sich genauso wie ich wünschen, dass wir nicht beginnen uns in dieser Art und Weise zur „Weltpolizei“ aufzuschwingen. Daher verstehe ich die Entscheidung des WFP (World Food Programm) ab Morgen wieder Hilfslieferungen nach Myanmar einzufliegen: Den Menschen muss geholfen werden und die aktuellen Herausforderungen werden nur im Dialog mit den aktuellen Machthabern in Rangon gelöst werden können. Und vielleicht ist dieser Dialog auch der Beginn einer weiterführenden Kommunikation, die irgendwann zu Veränderungen führen wird. Es mag schade sein, aber viele weitere Chancen gibt es nicht. Also nutzen wir sie.

Written by Rabe

9. Mai 2008 at 22:25